Marleen Schenk & Jessica Noeller

Kategorie: Soziale Ungleichheit

Marleen Schenk und Jessica Noeller haben 2019 ihre Eventagentur für die Zielgruppe 65+ gegründet. Die “neuen” Alten können nämlich viel mehr als Bingo Nachmittag und Schlager, sie haben ein echtes Entertainment Programm ihrer Biografie entsprechend verdient und nicht nur die Abarbeitung von Klischees. Und das unabhängig von Geldbeutel oder Wohnort (Wohnung, Seniorenanlage oder stationäres Heim).

Mit den ersten Aufträgen für 2020 im Gepäck und einer Gründerpreisnominierung bei der Altenpflege Leitmesse haben wir im März 2020 mit dem Lockdown alles verloren was wir investiert und 9 Monate lang zuvor mit viel Herzblut aufgebaut hatten – das totale Veranstaltungsverbot plus die Hochrisikozielgruppe ohne Perspektive, wann man wieder veranstalten darf.

Keine 3 Wochen später, inspiriert aus Italien und angepasst auf deutsche Corona Verordnungen, begannen unsere Balkonkonzerte als pandemiekonforme Kulturveranstaltungen und machten wieder Teilhabe möglich – für isolierte Seniorenheime, Kliniken, im Verlauf der Pandemie auch für Mieter:innen verschiedener Baugenossenschaften.

Dabei treten wir insbesondere für faire Gagen für die Künstler:innen ein, die nicht nur für ein Trinkgeld oder Spenden spielen sollen.

Dadurch haben wir uns eine Expertise für schnelle und unkomplizierte Aufbauten für Open Air Konzerte erarbeitet, die uns im Sommer 2021 dann ein Projekt für den Hamburger Kultursommer bescherte. Wir werden sehen, was 2022 bringt, denn aktuell befindet sich die Veranstaltungsbranche immer noch im Lockdown.

In der Pandemie waren alle Wohneinrichtungen und Seniorentageseinrichtungen von heute auf morgen geschlossen. Da diese für die meisten der einzige externe Ankerpunkt für ihre Möglichkeit zur (kulturellen) Teilhabe sind, waren sie derselben ebenfalls auf unbestimmte Zeit beraubt. Online ist bei der Zielgruppe keine Ersatzoption. Eine physische Präsenzvariante musste also gefunden werden, um Menschen zu vereinen ohne, dass sie sich physisch versammeln. Mit den Balkonkonzerten war dies wieder möglich und unendlich wertvoll, was tanzende Paare auf Balkonen, an Schnüren heruntergelassene Körbe mit Geschenken und viele Reaktionen mehr bewiesen. Eine riesige Welle der Solidarität und Dankbarkeit schlug uns entgegen, dass wir sie nicht vergessen haben, sondern einen Weg gefunden, sie teilhaben zu lassen.

Wir haben von April 2020 – Januar 2021 fast 150 Balkonkonzerte veranstaltet und dabei in Summe deutlich über 10.000 Zuhörer gehabt. Mal waren die Konzerte durch Stiftungen finanziert, mal haben Nachbarn zusammengelegt, mal waren es öffentliche Gelder. Wir beraten die jeweiligen Häuser, wenn sie keine eigenen Mittel zur Verfügung haben, wo und wie sie etwas beantragen können.

2x haben wir außerdem anlässlich des Weltseniorentages (1.10.) ein Crowdfunding durchgeführt und die erzielte Spendensumme an eine Einrichtung in Form von Konzerten verschenkt. Die Einrichtungen konnten sich bewerben oder vorgeschlagen werden und es gab ein offenes Online-Voting.

Profitiert haben von den Konzerten die Einrichtungen, denen ein Moment Normalität ermöglicht wurde, die Bewohner + Pflegekräfte, v.a. aber auch die Musiker und Techniker, denen bezahlte Auftritte ermöglicht werden konnten – und zwar auch während des harten Lockdowns und der Ausgangssperre, Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

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